Ich möchte hier an Menschen erinnern, die obgleich sie schon von uns gegangen sind,
auch einen Platz in meinem Herzen einnehmen.
" Ein Freund ist ein Mensch,
der die Melodie Deines Herzens kennt
und sie Dir vorspielt, wenn Du sie vergessen hast".
(Albert Einstein)
Vorbemerkungen:
Als ich 1992 nach Kiel / Schleswig Holstein kam, bekam ich durch eine wundersame Fügung einen Umschlag in die Hände,
dessen Inhalt mich faszinierte und gleichzeitig betroffen machte.
Jahre zuvor war der Gründer und Erste Vorsitzende (von 1964 - 1979) des Kieler Vereins "Indianerfreunde Kiel e.V."
KURT BOHN verstorben und hier in dem Umschlag befand sich eines der Zeugnisse seines damaligen Bemühens um die
Indianer Nordamerikas.
Wobei er dabei nicht allein war, denn wer die alten Hefte "Dakota Scout" und "Kalumet" noch kennt bzw. in deren Besitz ist,
weiß von wem ich rede. -
Stellvertretend dafür möchte ich neben Kurt Bohn aus Schleswig/ bzw. Kiel, an Joseph Balmer in der Schweiz und Ralph Bergelt
in Dresden, sowie Herrn Claus-Kurt Berge aus Karlsruhe erinnern
(die im persönlichen Engagement für diese Sache miteinander in Verbindung standen) .
DANKE an die, welche vor uns waren !
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Aber nun zurück zu dem Briefumschlag, der Fotos und Korrespondenzen vom Januar 1967 - Juli 1968 enthielt,
zu dem Grab des indianischen Artisten WILLIAM BIG CHARGER in Emden an der Nordseeküste,
also weit von seiner Heimat North Dakota entfernt !
Am 14. März 1913 trifft eine erste Gruppe von Sioux-Indianern, die vom Dresdner Zirkusdirektor " Sarrasani " (Hans Stosch) verpflichtet worden waren, mit ihrem
Häuptling Edward Two-Two in Dresden ein. -
Die "White Buffalo Man Gruppe" ist rd. 7 Jahre beim Zirkus Sarrasani engagiert
und geht mit dem Zirkus auch auf Tournée.
Sarrasani ist nicht der einzige Arbeitgeber für die indianischen Artisten,
denn viele dieser sind allein durch die legendäre "Wild-West-Show" der Miller Brüder
(von der berühmten "101 Ranch", gegründet von Colonel George W. Miller 1893,
im Norden von Oklahoma ) bekannt.
Die Familie Miller bereiste mit ihrer 101 Wild West Show die USA und die Welt von 1905 bis 1931.
Links zu W. Big Charger : Foto - Nr. 1
HINWEIS : DIESE VERLINKUNGEN GIBT ES NICHT MEHR ! I(Sie werden noch ersetzt ).
Im Frühjahr 1932 gab der Zirkus Sarrasani auf einer Tournée nach Belgien und Holland ein kurzes Gastspiel in Emden.
Dabei waren auch die 22 Personen starke Truppe von Sioux Indianern aus Reservaten in Dakota und Oklahoma.
Diese Gruppe war meist bis zum Herbst engagiert ( Ende der Zeltsaison) und kam nach einem Heimaturlaub dann im Frühjahr wieder zu Sarrasani zurück. Man berichtete damals, dass diese indianischen Akteure in ihrer Heimat nicht unbedingt zu den Ärmsten gehörten und dort auf jeden Fall zu sehr hohem Ansehen kamen, so dass sie auch nicht gerade die pflegeleichtesten Akteure für ihren Arbeitgeber Hans Stosch waren, mit dem sie aber wiederum eine sich gegenseitig schätzendes- und freundschaftliche Verbindung hatten. Bei ihrem Gastspiel in Emden begann aber eine Pechsträhne für die Sioux , d.h. es gab Krankheitsfälle und kleinere Unfälle.
Bei dem damals 59 jährige William Big Charger kamen alle ärztlichen Bemühungen zu spät, nach zwei Tagen hohem Fieber erlag er im Krankenhaus in Emden einer Lungenentzündung.
Da der Zirkus inzwischen nach Holland weitergereist war, charterte Hans Stosch zwei Busse und fuhr persönlich mit über 100 seiner Angestellten nach Emden zurück, um Big Charger ein ehrenvolles Begräbnis zu geben.
Die Stadt Emden sah nie zuvor solch eine internationale und "bunte" Trauerfeier, wie an jenem 31. Mai 1932, d.h. neben der Witwe und 21 Sioux Artisten´waren noch Artisten aus 37 Ländern und die argentinische Kapelle Sarrasanis zugegen.
Jahre später, war ab und zu mal ein Blumengruß eines vorbeiziehenden Zirkus oder Einzelartisten auf dem Grab zu finden,
aber die größte Hochachtung gehört der kaum bekannten Tochter eines Friedhofgärtners aus Emden,
die Jahrzehnte lang völlig uneigennützig das Grab pflegte ( wogegen sich "nach damaligen Berichten" und Recherchen ein nach Emden zugereister Bürger fälschlicherweise mit ihren Taten schmückte, nur um Care-Packete aus den Staaten zu ergaunern).
So begann nach einem Artikel (wahrscheinlich aus einer Artistenzeitschrift aus dem Jahr 1954 ) und dessen Veröffentlichung in der Zeitschrift "Kalumet" die Korrrespondenz vom damaligen 1. Vorsitzenden der Interessengemeinschaft-Indianerfreunde Kiel, Herrn Kurt Bohn, mit Fräulein Alberta Geerds, in Emden:
Jener "uneigennützigen mitfühlenden Grabbewahrerin",
an die ich gleichfalls mit großem Dank erinnern möchte !
Nachbemerkungen:
Mein schlechtes Gewissen (wenn ich an das fremde Grab in Emden dachte, was mir durch diese persönlichen Korrespondenzen
irgendwie überhaupt nicht mehr fremd vorkam), veranlasste mich aufzuhorchen,
als ich Anfang 2001 von Hartmut Rietschel aus Dresden hörte, der sich nicht nur intensiv mit der Thematik "Zirkusindianer"
in Deutschland beschäftigt, sondern aktiv (und sozusagen als Einzelkämpfer) die Pflege des Grabes von Chief Two Two auf dem Friedhof in Dresden, sowie die finanzielle Absicherung des Grabes von Big Charger übernahm, was sonst eingeebnet werden sollte (und der immer noch diesbezgl. Aktionen von Vorträgen etc. zur Werbung von notwendigen Spendenmitteln zu den Grabpflegen
durchführt und meine größte Hochachtung dafür hat.
Falls er das irgendwann mal hier zufällig lesen sollte : Sorry für das hier mit erwähnen und dick markieren. Es mußte zur Vollständigung sein ! ).
Das Ergebnis einer ganz wunderbaren Briefkorrespondenz, für die ich heute immer noch dankbar bin, mit ihm (von 2001 - 2005), war:
meine Reise nach Emden im Mai 2005, an das Grab von William Big Charger.
Es war der 27. Mai 2005, also genau zum 73. Todestag, als ich neben Big Chargers Grab kniete
und mich endlich persönlich verabschieden konnte.
NACHTRAG im Dezember 2011 und Januar 2012
Besonders schön ist es, wenn man eine so nette Rückmeldung und Ergänzung bekommt,
wie ich es aus Emden bekam.
Danke an Herrn Dietrich Janßen aus Emden (den "webmaster vom Bunkermuseum in Emden" )
für die hier neu hinzukommenden Fotos ( und für den Hinweis: "Man sagt nicht Emdener , sondern die Bürger von Emden sind "die Emder ")!
- und ein ebenso großes Dankeschön auch den Mitarbeitern vom ` Stadtarchiv in Emden´
für den über Herrn Janßen erhaltenen Zeitungsauschnitt von 1932 und die Kopie der Sterbeurkunde von Big Charger !
und noch eine erfreuliche Rückmeldung,
im November 2018 :
Danke an Frau Ellen-Franziska Wolf, die mir als Dankeschön für Informationen über William Big Charger
zu Recherchen ihres Roman´s " Licht über dem Delft" , der in Emden in der aufziehenden Nazizeit 1932 spielt,
ihr gedrucktes (und sehr lesenswertes) Buch zuschickte.
Für mich eine kleine Anerkennung , aber für William Big Charger und auch Fräulein Alberta Geerds
(die damalige uneigennützige Grabpflegerin aus Emden) ein wichtiges, schriftstellerisches `Denkmal` . - DANKE besonders dafür !
Im November 2021 veröffentlichte ein Gymnasium in Emden eine Reihe von Demokratieprojekte,
die sich speziell mit der Geschichte von Emden beschäftigen.
An sich sehr zu begrüßen, wenn sich junge Menschen so umfangreich mit Demokratie und ihrer Heimatstadt auseinandersetzen.
Zu diesen Ausarbeitungen gehörte auch das Grab von William Big Charger :
https://demokratielabor-emden.de/2021/11/18/big-charger-3/
Und hier sind den Schülern leider gravierende Fehler unterlaufen, d.h. :
also wie :
"Ich bin ein ....Blackfeet, Apache, Cherokee etc. + Eigenbezeichnung des Stammes ( wie z.B. ´ Oglala Sioux`- und nicht : "Ich bin ein Angehöriger des Indigenen Volkes Amerikas" , "ich bin Ureinwohner" oder "ich bin Indianer" , etc.)
FAZIT :
(So gut es auch gemeint ist...)
NEU !!! - Nachtrag im Juli 2023 :
Hier noch ergänzend , wertvolle und nette Austausche mit Menschen , die zwecks Hintergrundrecherchen für Ihre Arbeit,
zu mir, in Bezug zum Grab William Big Chargers , Kontakt aufnahmen
und in deren Folge auch später noch ein sehr netter Mail-Austausch erfolgte : VIELEN DANK !
Emden. Nicht Winnetou, sondern… – Friedhofswelten
"...als Nachkomme von dieser Volkgruppe werde ich mich in nächster Zeit auch um das Grab kümmern und dessen Pflege , ein Volk eine Verbindung und die Pflicht ist selbstverständlich . Mein Vater stammte aus Pine Ridge Reservation und ich lebe hier in Ostfriesland seid 18 Jahren und bin 76 Jahre alt Mit freundlichen Grüßen Horst Kolb . ( Lieber Herr Kolb, da ich anderweitig zeitlich gebunden nicht eher dazukam, will ich ihnen noch wenigstens so für Ihre Zeilen danken. Da ich von Frau Linnemann ein aktuelles Foto des Grabes bekam, freue ich mich besonders an dessen gutem Pflanz- und Pflegezustand.)
Eine bemerkenswerte Freundschaft entwickelte sich zwischen dem schon erwähnten Kurt Bohn,
Begründer des Vereins Indianerfreunde in Kiel
und dem damals ´offiziellen Repräsentanten der Indianischen Kultur der Vereinigten Staaten von Amerika´,
Chief Wolf Robe Hunt.
Wolf Robe Hunt war ein begnadeter Künstler (auf vielen Gebieten) :
Anhand dieser Zeugnisse möchte ich hier nicht nur dem Künstler,
sondern auch einem wundervollem indianischen Menschen ehrend gedenken
und gleichfalls seinen Familienangehörigen viel Glück wünschen.
Chief Wolf Robe Hunt kannte keine Unterschiede zwischen Menschen
unterschiedlicher Hautfarben und Herkunft,
er schätzte das Interesse an der indianischen Kultur bei anderen Völkern
und nahm sogar damals den Kieler Verein offiziell in seinen Clan auf,
dieses sicher in Achtung seines langjährigem Freundes, Kurt Bohn.
Nicht veröffentlicht wurden hier persönliche Briefinhalte und die Original-Adoptionsurkunde
(Letzteres ist Vereinseigentum).
WICHTIGER HINWEIS : Sämtliche hier veröffentlichten Fotos und sonstigen Dokumente sind privates Eigentum (COPYRIGHT !)
und dürfen nur nach persönlicher Anfrage und meiner Zustimmung verwendet werden !